Chinas Aktien werden derzeit einer deutlichen Korrektur unterzogen und die Volatilität könnte für einige Zeit andauern. Unseres Erachtens verfügen die geld- und fiskalpolitischen Entscheidungsträger sowohl über die Instrumente als auch die Entschlossenheit zur Unterstützung der breiteren chinesischen Wirtschaft.

Der Abverkauf konzentriert sich auf chinesische A-Aktien, d. h. Aktien in Lokalwährung von Unternehmen mit Sitz in Festland-China und ausschließlicher Notierung an den dortigen Aktienmärkten. Bis Anfang Juli hatte der Shanghai Stock Exchange Composite Index gegenüber seinem Hoch am 12. Juni 2015 von 5.166 Punkten mehr als 30% eingebüßt.

Die Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen zur Unterstützung des Marktes umgesetzt, von denen einige verhältnismäßig aggressiv sind. So haben es die Behörden rund 1.300 Unternehmen (45% des Marktes) erlaubt, den Handel mit ihren Aktien auszusetzen. Dies führt zu einer Liquiditätsklemme am Markt für A-Aktien.

Perspektive wahren

Umfang und Tempo dieses Abverkaufs stimmten Anleger weltweit verständlicherweise nervös. Trotz der Bedenken im Hinblick auf Aktien, erzielten Chinas Staatsanleihen im Wesentlichen eine Performance , die der Entwicklung von Staatsanleihen der reifen Industrieländer in „Risk-Off“-Perioden ähnelt.

Anders ausgedrückt konnten sie sowohl einen Puffer gegenüber der Volatilität an den Aktienmärkten als auch eine Zuflucht für die Anleger bieten. Während des zweiten Quartals erholten sich die Kurse chinesischer Staatsanleihen, wobei die Renditen auf zweijährige Titel um 75 Basispunkte von 3,25% auf 2,50% zurückgingen.

Diese relative Stabilität der Anleihemärkte spiegelt teilweise die verbesserten wirtschaftlichen Fundamentaldaten in China wider. Darüber hinaus ist sie ein Indiz für den Erfolg der Regierung hinsichtlich eines Ausgleichs zwischen notwendiger Entschuldung und finanziellen bzw. wirtschaftlichen Reformen einerseits sowie der Unterstützung der Wirtschaft zur Förderung der gesellschaftlichen Stabilität andererseits.

Der Unterschied zwischen der Wertentwicklung an den Aktien- und Anleihemärkten erinnert außerdem daran, dass man bei der Bewertung von Chinas Marktrisiken und -chancen das große Ganze nicht aus den Augen verlieren sollte. Dazu zählen wirtschaftliche und politische Trends, weil die Regierungspolitik nach wie vor direkten Einfluss auf Chinas Märkte und Wirtschaft nimmt. Dies gilt selbst für die jetzige Phase, in der sich das Land gegenüber einem eher westlichen Wirtschaftsmodell öffnet.

Geld- und Devisenmarkt stabil

In anderen Teilen der Finanzmärkte blieb die Volatilität ebenfalls unter Kontrolle. Die Renditen auf Anleihen der Staatsbanken Chinas (China Development Bank, Agricultural Development Bank of China und Export-Import Bank of China) folgten in ihrer Entwicklung denen der Staatsanleihen und der Spread zwischen beiden Märkten blieb relativ stabil.

Der kurzfristige Geldmarkt weist scheinbar keinerlei Anzeichen einer umfassenden Liquiditätsklemme auf. Der siebentägige Onshore-Reposatz der PBC verharrt nach einem Rückgang von mehr als 4,00% im ersten Quartal mittlerweile bei 2,50%. Daran wird ersichtlich, dass die niedrigeren Leitzinsen der PBC funktionieren.

Am Devisenmarkt tendieren sowohl die Offshore-Währung (CNH) als auch die Onshore-Währung (CNY) stabil. Im vergangenen Monat war die Performance des CNH und CNY gegenüber dem USD im Grunde genommen unverändert, ein Hinweis auf die Zufriedenheit der politischen Entscheidungsträger mit den derzeitigen Währungskursen.

Hoffnungsschimmer für Chinas Wirtschaft

Die Wirtschaftsmeldungen bleiben durchwachsen. Dennoch sollte nicht übersehen werden, dass die politischen Anreize sowie die geldpolitische Lockerung allmählich eine positive Wirkung entfachen. Der Index der Einkaufsmanager (PMI) im Fertigungssektor weist einen leichten Anstieg auf und die so wichtigen Eigenheimverkäufe scheinen sich in den meisten größeren Städten Chinas zu erholen. Die Unternehmensgewinne könnten 2015 in Reaktion auf das makroökonomische Umfeld nach einer Reihe von Abwärtskorrekturen wieder etwas zulegen.

Unseres Erachtens haben die geld- und fiskalpolitischen Entscheidungsträger sowohl ihre Bereitschaft als auch ihren Wunsch zur Unterstützung der Wirtschaft unter Beweis gestellt. Ersichtlich wird dies an den Leitzinssenkungen und der Reduzierung der Mindestreserven für Banken zu Beginn des Monats.

Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass nicht die Entwicklung der Fundamentaldaten den Abverkauf von Aktien auslöste sondern die Marktreaktion auf Regierungsmaßnahmen, mit denen die überbordenden Lombardkredite an den Aktienmärkten in Zaum gehalten werden sollten. Eben dieses Leverage verstärkte die Korrektur und hatte eine sehr hohe Marktvolatilität zur Folge.

Regierung ist jetzt am Zug

Natürlich könnte die Volatilität am Markt für A-Aktien in Anbetracht der nach wie vor sehr hohen Lombardkredite noch einige Zeit andauern. Das gleiche trifft auf die Maßnahmen der Regierung zu deren Eindämmung zu. Worin die gegenwärtige Unsicherheit münden wird, hängt also größtenteils von der Reaktion der Regierung ab.

In gewissem Sinne ist das nichts Neues. Unser Basisszenario in Bezug auf die Umsetzung des Reformprogramms des Landes und die Frage, ob China zur Realisierung seines wirtschaftlichen und finanziellen Potenzials als Supermacht imstande ist, hing stets von unserer Einschätzung der chinesischen Regierung ab, d.h. von deren Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Realisierung politischer Ziele. Kurzfristig betrachtet besteht die große Herausforderung in der Frage, ob bzw. wie die Regierung die Korrektur an den Aktienmärkten eindämmen und eine Wirtschaftskrise vermeiden wird.

Politischen Entscheidungsträgern stehen nach wie vor Türen offen

Ein nachhaltigerer Abverkauf an anderen Märkten in China und darüber hinaus, ist nach wie vor denkbar und könnte die Wirtschaft belasten. Unserer Meinung nach verfügt die Regierung aber immer noch über einige politische Optionen, auch wenn sie u. E. nicht den Weg der quantitativen Lockerung wie die USA, Europa und Japan einschlagen wird.

Die wesentliche Frage lautet indes, welche Maßnahmen Peking ergreifen wird, sollte es zu einer ausgewachsenen Finanzkrise und einer harten Landung für die Wirtschaft kommen. Wird die Regierung ihre Reformen aufgeben und ein vollumfassendes fiskal- und geldpolitisches Reflationsprogramm betreiben?

Sollte es dazu kommen, dürften die massiven Liquiditätsressourcen des Landes hierfür ausreichen. Das wäre eine Enttäuschung für diejenigen, die China gerne weiterhin auf Reformpfaden hin zu einem nachhaltigen Wachstum sehen. Für Anleger mit Bedenken hinsichtlich der momentanen Turbulenzen am Aktienmarkt wäre dies hingegen beruhigend.

Die hier geäußerten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch dienen sie als Investmentberatung oder Anlageempfehlung. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wieder.

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