Chinesische A-Shares könnten bald erstmals in einen wichtigen internationalen Index aufgenommen werden. Diese Aufnahme wäre ein Zeichen der zunehmenden Bereitschaft des Westens, China bei der vollen Integration in die globalen Märkte zu helfen.

Seit 2014 befragt der Indexanbieter MSCI in jedem Jahr die Börsianer, ob die Zeit für eine Aufnahme der inländisch gehandelten A-Shares in den MSCI Emerging Market Index reif sei. Die Antwort lautete bislang immer „Nein“. In diesem Jahr rechnen wir mit einem „Ja“.

Der Grund: MSCI hat seine bisher stets rigoros angewendeten Aufnahmebedingungen gelockert. Dieser Schritt wird als Teil eines vereinfachten institutionellen Abkommens zunächst wenige Aktien betreffen.

Das ist aus zwei Gründen eine begrüssenswerte Entwicklung. Erstens wäre selbst eine moderate Erstaufnahme in den Index ein wesentlicher Fortschritt für die volle Integration Chinas, einem Land mit einer Aktienmarktkapitalisierung von 6,9 Billionen Euro, in die globalen Finanzmärkte.

Zweitens scheint es nun so, als hätten westliche Unternehmen den chinesischen Ansatz zur herausfordernden Modernisierung der Kapitalmärkte des Landes gewissermassen übernommen.

Wenn ein Weg nicht funktioniert ...

Es gibt drei Wege, wie ausländische Investoren sich im A-Shares-Markt engagieren können. Zwei davon sind Lizenzvereinbarungen, der dritte ist eine Art Handelszulassung zweiter Klasse für die Börsen in Schanghai und Shenzhen.

Das „Qualified Foreign Institutional Investor (QFII)“-Programm seit 2002 und das „RMB Qualified Foreign Institutional Investor (RQFII)“-Programm seit 2011 erlauben den direkten Zugang zu Chinas Kapitalmärkten. Die Anleger sind jedoch verschiedenen Beschränkungen hinsichtlich Lizenzierung, Quoten und Verkäufen ausgesetzt.

Seit 2014 beziehungsweise Dezember letzten Jahres nehmen die Börsen von Schanghai und Shenzhen an „Stock Connect“ teil. Dieses Programm verbindet sie mit der Börse in Hongkong und ermöglicht ausländischen Investoren den Kauf von A-Shares mit weniger Restriktionen als unter den QFII-Programmen.

Die Vorschläge von MSCI basierten bislang auf QFII und RQFII und umfassten 448 Aktien. Die Lizenzbedingungen von QFII stellten jedoch eine erhebliche Akzeptanzhürde für den Markt dar.

... versuche einen anderen

MSCI scheint daraus gelernt zu haben. So wie China sich neun Jahre Zeit liess zwischen der Lancierung von QFII und RQFII und zwei Jahre zwischen der Aufnahme von Schanghai und Shenzhen in „Stock Connect“, wählt nun auch MSCI einen schrittweisen Ansatz.

Nun schlägt MSCI vor, A-Shares auf Basis von „Stock Connect“ in den Index aufzunehmen. Dieser Vorschlag schränkt das Universum zwar ein, weil „Stock Connect“ jedoch nicht den gleichen strengen Restriktionen wie QFII unterworfen ist, hat dieser Vorschlag unserer Ansicht nach gute Chancen auf Akzeptanz.

Zunächst würden die 169 von diesem Vorschlag erfassten Aktien das Gewicht Chinas im Index um nur 0,5 % auf dann 28,6 % erhöhen. Doch das ist nur der Anfang. Zum Zeitpunkt der für Juni 2018 erwarteten Aufnahme wird das Gewicht der Aktien durch einen niedrigen Inklusionsfaktor gering sein. Der nächste Schritt dürfte die Erhöhung dieses Faktors durch MSCI sein.

Das würde das Gewicht der A-Shares im Index von 0,5 % auf 8,6 % steigern. Doch das ist noch nicht alles. Aktuell sind 1.479 Aktien an „Stock Connect“ beteiligt, über 2.900 im QFII-System.

Im Zuge des Wachstums von „Stock Connect“ und der vollständigen Aufnahme der A-Shares in den Index dürfte Chinas Gesamtgewicht im Index auf nahezu 40 % anwachsen (Abbildung).

Chinas Anteil am MSCI All Country World Index würde von 3 % auf 4 % steigen. Damit würde das Land vom sechsten auf den vierten Platz hinter den USA, Japan und Britannien aufrücken (noch vor Frankreich, Kanada und Deutschland).

Auswirkungen auf globale Aktienallokationen

Für einige Anleger haben Chinas politische Risiken und wirtschaftliche Herausforderungen in den vergangenen Jahren das gewaltige Potenzial des Landes eingeschränkt. Um jedoch Napoleon zu zitieren: „China ist ein schlafender Riese. Lasst ihn schlafen, denn wenn er aufwacht, wird er die Welt bewegen.“

Wir halten diese Einschätzung nach wie vor für korrekt. Und die bevorstehende Aufnahme der A-Shares in den Schwellenländerindex wird die Anleger daran erinnern, dass der „schlafende Riese“ bei seinem Erwachen einen signifikanten Einfluss auf ihre globalen Aktienallokationen haben wird.

Die beste Art der Vorbereitung ist unserer Meinung nach, sich China und MSCI anzuschliessen und eine langfristige Perspektive einzunehmen. Das bedeutet, dass man über Chinas aktuelle Unsicherheiten hinausblicken muss und sich stetig und energisch auf Chinas steigende Bedeutung für die globalen Märkte einstellt.

Die hier geäusserten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch dienen sie als Investmentberatung oder Anlageempfehlung. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wieder.

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