Die aktuellen Risiken liegen auf der Hand: Die Aktienbewertungen sind hoch, die Anleihenspreads niedrig, ebenso wie die Zinsen. Eine moderat risikobereite Strategie erscheint jedoch weiterhin sinnvoll. Die Anleger sollten dafür aber auch ihren Horizont über Aktien und Anleihen hinaus erweitern.

Anlageentscheidungen fallen selten leicht. Das ist heute umso mehr der Fall, denn sowohl Aktien als auch Anleihen erscheinen teuer und die Zinsen sind vielerorts so niedrig wie nur möglich – und steigen vereinzelt bereits wieder. Sogar Notenbanker, sonst notorisch neutral gegenüber dem Marktgeschehen, sehen sich zu Warnungen veranlasst: Fed-Chefin Janet Yellen bezeichnete die Bewertungsniveaus in den USA bereits als etwas zu hoch.

Hinzu kommt, dass die Politik – insbesondere in den USA – immer unvorhersehbarer wird. Die Märkte streben dennoch weiter nach oben und die Volatilität scheint verschwunden zu sein. Da fragt sich mancher Anleger, wie lange diese goldenen Zeiten wohl andauern mögen.

Einige Gründe zum Optimismus

Aber auch wenn die USA nach wie vor sowohl die grösste Volkswirtschaft als auch mit einigem Abstand der wichtigste Kapitalmarkt weltweit sind, gibt es anderswo ermutigende Zeichen. Die Weltwirtschaft wächst. Sowohl in China als auch in Europa verstärkt sich sogar die konjunkturelle Dynamik. Die Arbeitsmärkte sind zumeist in einem robusten Zustand. Das Deflationsgespenst wurde durch jahrelange Zinssenkungen der Zentralbanken vertrieben. Die Politiker diskutieren zusätzliche Ausgaben, um das Wachstum anzukurbeln. Insgesamt ist die Weltwirtschaft also in keinem so schlechten Zustand und die jüngsten Kursanstiege erscheinen gerechtfertigt.

Nun sind die Risiken deshalb selbstredend nicht verschwunden. Die Zinsen könnten schneller als erwartet steigen und das Auslaufen der stimulierenden globalen Geldpolitik könnte grössere Auswirkungen haben als bislang angenommen. Die Versprechen der Politik könnten sich als überzogen erweisen. Und die hohen Gewinnerwartungen in den USA könnten sich nicht erfüllen.

Wie aber können Anleger Chancen finden, ohne ihre Portfolios ungewollten Risiken auszusetzen? Wir denken, dass ein disziplinierter Investmentprozess entscheidend ist. Er sollte breit genug angelegt sein, um Chancen überall dort nutzen zu können, wo sie sich ergeben. Gleichzeitig sollte er flexibel genug sein, um schnell reagieren zu können, wenn sich das Umfeld ändert.

Hier sind drei aus unserer Sicht sinnvolle Prinzipien (Abbildung):

1) Die Möglichkeiten zur Ertragsgenerierung ausweiten. Zwar mag ein einfacher passiver Mix von Aktien und Anleihen seit Anfang des Jahrzehnts gut funktioniert haben, aber der Ausblick ist weniger freundlich. Der erwartete Ertrag eines herkömmlichen 60/40-Aktien/Anleihen-Portfolios für die kommenden zehn Jahre liegt bei historisch niedrigen 4,5 % jährlich (auf USD-Basis). In Anbetracht der einzugehenden Risiken ist das nicht viel.

Wer mehr erreichen will, muss kreativ denken. Dazu könnten Long-Short-Strategien gehören, die von Fehlbewertungen innerhalb von Märkten profitieren und die vielen marktpsychologischen Phänomene nutzen können, die nachhaltige Ertragschancen schaffen.

Es ist dabei wichtig, dass diese alternativen Strategien eine breite Palette von Engagements beinhalten, die das Gesamtmarktengagement eines Anlegers diversifizieren. Die ideale Strategie hätte ein niedriges Beta (Marktengagement) sowohl zu Aktien als auch zu Anleihen.

Auch die Kombination von passiven Strategien mit hochaktiven Ansätzen kann hilfreich sein. Die Ertragsmuster haben meist eine geringe Korrelation zueinander, was zu einer besseren Eignung des Gesamtportfolios für verschiedene Marktphasen führt.

Schliesslich sollte das Portfolio auch Strategien verwenden, die von einem Anstieg der Inflation profitieren würden. Bereiche wie Sach- und Substanzwerte (Real Assets, Deep Value) sind attraktiv bewertet und können Zusatzerträge schaffen.

2) Übergreifende Risiken im Auge behalten. Das ist bei Multi-Asset-Strategien besonders wichtig, die taktische Allokationen mit einer strategischen Allokation über die Vermögensarten hinweg kombinieren. Denn selbst in einem diversifizierten Portfolio bestehen sogenannte Klumpenrisiken.

In den vergangenen Jahren haben die Anleger sich mehr Sorgen über eine potenzielle Deflation als über ein Inflationsszenario gemacht. Und das aus gutem Grund. Die zunehmende Alterung in den westlichen Ländern, die niedrige Produktivität und die Auswirkungen technologischer Innovation haben die Inflation gering gehalten.

Das Problem: Die Befürchtungen haben Anleger dazu geführt, sich entsprechend zu positionieren. Viele Investoren favorisierten Qualitätsanleihen, Immobilieninvestments, defensive und Dividendenaktien. Andererseits scheuten sie Rohstoffe, zyklische Aktien, inflationsgebundene Wertpapiere und Value-Strategien.

Im Ergebnis sind die Portfolios sehr vieler Anleger ungenügend diversifiziert, und sie könnten unter einem Anstieg von Wachstum und Zinsen leiden. Die Vermögenswerte in einer solch konservativen Allokation sind allesamt negativ mit den Zinsen korreliert und würden in einem konjunkturell dynamischeren Umfeld wahrscheinlich magere Erträge abwerfen. Ein integrierter Multi-Asset-Ansatz kann dabei helfen, diese Arten übergreifender Risiken zu identifizieren und zu beseitigen.

3) Langfristig denken, aber flexibel bleiben. Es ist wichtig, in einem sich verändernden Marktumfeld flexibel genug zu sein, um schnell auf neue Chancen und Risiken reagieren zu können. Heutzutage ist die Politik ein wichtiger, die Kapitalmärkte beeinflussender Faktor. Doch Politik ist unmöglich zu prognostizieren. Es ist daher sinnvoll, einen Prozess anzuwenden, der Ihrem Multi-Asset-Portfolio dabei hilft, sich den veränderten Marktbedingungen anzupassen.

Zunächst benötigen Sie jedoch ein robustes Risikomanagement, das verschiedenste Perspektiven einbezieht, um die langfristige Entwicklung der Märkte einzuschätzen. Es mag zwar vergleichsweise einfach sein, potenzielle Risiken zu identifizieren. Wann und wie man darauf reagiert, ist aber entscheidend. Schliesslich sind viele der heutigen Risiken wie hohe Bewertungen bei Aktien und Anleihen, steigende Zinsen oder politische Unsicherheit schon seit einiger Zeit bekannt. Dennoch wäre es kostspielig gewesen, frühzeitig aus dem Markt auszusteigen.

Marktanalysten sprechen oft über Erwartungen. Kurz- und mittelfristig sind es aber die Überraschungen, die den Markt bestimmen. Die Erwartungen für Unternehmensgewinne und Wachstum sind aktuell hoch. Das macht positive Überraschungen unwahrscheinlich.

Hinzu kommt, dass die aktuellen Bedingungen in der Nachkriegszeit ein absolutes Novum sind. Niemand weiss, wie sich der allmähliche Entzug des geldpolitischen Stimulus auswirken wird. Es gibt schlicht keinerlei historische Anhaltspunkte für die Anleger.

Derlei Neuland bedeutet, dass Risikomanagement heute über historische Vergleiche hinaus denken muss, um das Portfolio für das Unerwartete zu rüsten. Was passiert, falls die Gewinne enttäuschen, die Unternehmen ihre Preismacht nicht zurückgewinnen, die Lohnkosten steigen und der Welthandel schrumpft?

Um zu wissen, wann gehandelt werden muss, müssen Anleger die Auslöser identifizieren, die solche latenten Risiken zur Wirklichkeit werden lassen. Das ist schwierig. Diversifikation ist ein bewährter Ansatz. Doch das reicht nicht aus.

Wir glauben, dass ein aktiver Ansatz notwendig ist, um sich gegen die Risiken zu wappnen. Und zwar einer, der eine Kombination von fundamentaler und quantitativer Analyse verwendet. Mensch und Maschine im Tandem.

Risiken müssen immer überwacht werden. Aber jene Anleger, die Flexibilität und Ausgewogenheit in ihre Portfolios eingebaut haben, können aus einem grösseren Chancenfeld wählen und sich bei drehendem Wind schnell anpassen.

Die hier geäusserten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch dienen sie als Investmentberatung oder Anlageempfehlung. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wieder.

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