Der Kreditzyklus für US-Unternehmen nähert sich seinem Ende. Und weite Teile Europas folgen dicht auf den Fersen. Für unvorbereitete Anleger kann das weitreichende Konsequenzen haben. Zunächst einmal ist unserer Ansicht nach entscheidend zu wissen, was uns erwartet.

Kreditzyklen durchlaufen klar definierte Phasen. Während der Expansionsphase führt eine erleichterte Schuldenaufnahme zu steigenden Gewinnen. Mit dem Schuldenniveau steigen dann aber auch die Risiken. Die Vermögenswerte beginnen zu sinken. Dadurch erhöht sich das Zahlungsausfallrisiko, und die Gläubiger werden knausriger. Steigende Zinsen führen dann zu einer Schrumpfungsphase. Die Bilanzen werden nun wieder gestärkt und schließlich beginnt die Erholungsphase (Abbildung).

Der aktuelle amerikanische Kreditzylus begann mit der Erholung nach der globalen Finanzkrise und ist beinahe abgeschlossen. Die US-Zentralbank Fed hat die geldpolitischen Zügel gestrafft und wird wahrscheinlich noch in diesem Jahr mehrere weitere Zinsanhebungsschritte vornehmen, um die Inflation zu bremsen. Und viele US-Vermögenswerte, darunter gehebelte Bankdarlehen und zahlreiche Unternehmensanleihen, nähern sich wieder der Schrumpfungsphase an.

Die EZB befindet sich einige Schritte hinter der Fed. Doch auch in Frankfurt bremst man langsam die lockere Geldpolitik angesichts der anziehenden Konjunktur stückweise ein, und steigende Zinsen werden für Anfang 2019 erwartet. Diese Situation könnte letztlich europäische Industrieemittenten betreffen, welche aktuell noch die Hebelung erhöhen.

Niemand kann das Ende eines Kreditzyklus exakt vorhersagen. In den USA erlauben es neue Gesetze den Unternehmen, ihre Gewinne aus dem Ausland zu einem geringeren Steuersatz heimzuholen, was den Zyklus nochmals etwas ausdehnen könnte. Aber klar ist, dass wir näher am Ende als am Anfang sind.

Es gilt, aufmerksam zu sein

Lange Phasen niedriger Zinsen und lange Kreditzyklen können zu Sorglosigkeit führen. Anleger werden oft unachtsam, just wenn Kredit- und Konjunkturzyklus sich ihrem Gipfel nähern. Doch die Wende kann schneller als erwartet eintreten.

So erhalten etwa die USA gerade einen erheblichen fiskalischen Impuls durch die Steuerreform, zu einer Zeit niedriger Arbeitslosigkeit und steigender Löhne. Das dürfte die Inflation anheizen und weiteren Zinsdruck auf die Fed ausüben.

Die teure Steuerreform zwingt die US-Regierung auch zu erhöhter Schuldenaufnahme. Und weil die Fed als Käufer für all die neuen Staatsanleihen ausfällt, werden globale Anleger die Lücke ausfüllen müssen – und sie werden dafür höhere Renditen verlangen. Es liegt auf der Hand, dass das die US-Konjunktur mittelfristig ausbremsen könnte.

Wie geht man mit den abrupten Wendepunkten um?

Es ist daher eminent wichtig zu verstehen, an welchem Punkt des Zyklus wir uns genau befinden, um sinnvolle Anlageentscheidungen zu treffen.

Denn die Schrumpfungsphase fällt normalerweise auch mit höheren Zinsen zusammen. Das führt oft zu sinkenden Vermögenswerten und verminderten Anlageerträgen für geschäftliche Schuldner. Darunter leidet der Cashflow, und das Ausfallrisiko steigt.

Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Zyklus auf die gleiche Weise endet. So sind etwa bei Ausbruch der globalen Finanzkrise 2008 die Ausfallraten rasant angestiegen. Diesmal erwarten wir einen moderateren Anstieg, weil die Unternehmen nicht so stark gehebelt sind.

Ebenso wenig befinden sich alle Sektoren und Regionen im gleichen Stadium des Zyklus. Wie die Abbildung zeigt, befinden sich einige Sektoren wie Europa Finanzen sowie Industrieanleihen aus Asien und Lateinamerika entweder in der Sanierungs- oder Erholungsphase, Perioden, in denen sich Bonität und Ertragspotenzial normalerweise verbessern. Anleger, die den Fokus nur auf ein oder zwei Sektoren oder Regionen legen, können leichtfertig attraktive Chancen verpassen.

Dennoch, die Schrumpfung in wichtigen Sektoren und Regionen kann das Ertragspotenzial schmälern, selbst wenn die Ausfallquoten nicht nach oben schnellen sollten. Das gilt aktuell umso mehr, als die lockere globale Geldpolitik die Bewertungen der Vermögenswerte weltweit ausgedehnt haben. Die Spreads (Renditeaufschläge) für hochverzinsliche Anleihen in Europa und den USA bewegen sich nahe ihren langjährigen Tiefständen.

Anleger sollten daher die höchste Priorität auf die Sensibilität ihrer Anleihenengagements gegenüber dem Zins- und Kreditzyklus legen. Allzu oft fokussieren sich viele Anleger allein auf die Zinsen und lassen die Kreditkomponente außer Acht. Unserer Überzeugung nach ist es jetzt an der Zeit, genau zu überprüfen, wie exponiert man gegenüber der Wende im Kreditzyklus ist.

Die hier geäußerten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch Investmentberatung oder Anlageempfehlungen. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wieder.

Clients Only

The content you have selected is for clients only. If you are a client, please continue to log in. You will then be able to open and read this content.