Mit Blick auf Anleihen der Emerging Markets lautet eine häufige Kundenfrage, ob das eingegangene Risiko denn angemessen entlohnt werde. Das ist eine berechtigte Frage. Die Antwort darauf ist jedoch nicht so einfach, wie viele annehmen.

Unseres Erachtens sollten Anleger für das eingegangene Risiko entlohnt werden. Gleichwohl geht eine angemessene Entlohnung über Anleiherenditen bzw. Kreditratings hinaus und erfordert eine gründliche Untersuchung der Geschäftsprofile einzelner Unternehmen.

Was meinen wir damit? Vereinfacht ausgedrückt, dass sich in der heutigen vernetzten Welt das Risiko der Emerging Markets nicht auf die in den Entwicklungsländern ansässigen Unternehmen beschränkt.

Das Risiko der Emerging Markets ist häufig fehlbewertet

Natürlich sind Investments in die Emerging Markets im Allgemeinen riskanter als jene in die Märkte der Industrieländer. Tendenziell sind Unternehmensführungen schwächer, da sie weniger Schutz für Gläubiger und Aktionäre bieten. Daneben sind Politiker bzw. Entscheidungsträger weniger berechenbar und häufiger treten Währungsschwankungen auf.

Aufgrund der Risiken in Verbindung mit den Emerging Markets steht Anlegern im Rahmen ihres Engagements eine Prämie zu. Beispielsweise liefert ein Korb von Emerging-Market-Unternehmensanleihen des Ratings BBB eine höhere Risikoprämie als ein Korb von Wertpapieren vergleichbaren Ratings, die von Unternehmen mit Sitz in Industrieländern begeben wurden.

Doch das Risiko der Emerging Markets kann in einem breiten Spektrum einzelner Anleihen lauern. Dabei spielt es oft keine Rolle, ob der Schuldner aus Shanghai, São Paulo oder Seattle stammt. Zudem bewertet der Markt das Risiko häufig falsch. Ein breit gefasster Top-down-Ansatz kategorisiert Schuldtitel nach Industrieländern und Emerging Markets. Letzteren unterstellt er ein höheres Risiko, trifft damit jedoch womöglich nicht die richtige Unterscheidung.

Die Geschichte zweier Anleihen

Gehen wir die Sache einmal am Beispiel zweier Anleihen an. Nehmen wir zunächst die Anleihe von Grupo Bimbo, einem mexikanischen Lebensmittelunternehmen, das rund die Hälfte seines Geschäfts in Industrieländern tätigt. Als zweite Anleihe dient uns jene von Mead Johnson Nutrition, einem US-amerikanischen Unternehmen für Kindernahrung mit starker Präsenz in den Emerging Markets. Welche Anleihe birgt ein grösseres Emerging-Market-Risiko?

Womöglich letztere – wenngleich sie den Anlegern mit Blick auf deren Emerging-Market-Risiko keine angemessene Entlohnung bieten mag.

Unzählige Unternehmen aus Industrieländern engagieren sich in den Emerging Markets und setzen sich dem damit einhergehenden Risiko aus. Apple beispielsweise bezieht aus den Emerging Markets und verkauft auch dorthin. Wal-Mart und Citigroup gerieten derweil in den Strudel mexikanischer Korruptionsskandale.

Gleichzeitig sind viele Emerging-Markets-Unternehmen auf die Märkte der Industrieländer vorgestossen und haben damit ihre globale Präsenz erhöht. Unternehmensratings sind allerdings noch immer vom jeweiligen Firmensitz abhängig.

Schlagen Sie das „Sovereign Ceiling“

Und zum Teil sind sie das Ergebnis des sogenannten „Sovereign Ceiling“-Grundsatzes. Laut diesem dürfen Ratings von Privatunternehmen im Vergleich zu jenen der jeweiligen Regierung kaum höher ausfallen.

Üblicherweise bewerten Rating-Agenturen Unternehmen in Entwicklungsländern schlechter. So sind die Ratings von Firmen mit Sitz in Malaysia, Polen oder Peru fast immer niedriger als jene von vergleichbaren Firmen in Japan, Deutschland oder den USA – wenngleich die Geschäftsprofile der Unternehmen eine gleiche Bewertungsgrundlage nahelegen.

Nehmen wir als Beispiel das mexikanische Lebensmittelunternehmen. Die Hälfte der Unternehmenstätigkeit mag auf die USA und Kanada entfallen. Doch aufgrund des Firmensitzes in Mexiko läge das höchstmögliche Rating maximal ein bis zwei Stufen über jenem der Regierung. Bei einer Verlagerung des Firmensitzes über die Grenze hinweg nach Texas, würde das Unternehmensrating in die Höhe schiessen.

In diesem Fall könnten Anleger mit Fokus auf Ratings und Handelspraxis zu dem Schluss kommen, dass die Entlohnung das Risiko nicht wert ist. Im Zuge einer gründlicheren Analyse fänden Anleger jedoch heraus, dass ihre Entlohnung höher ausfällt als sie sollte. Grund hierfür ist das Risikoniveau des Unternehmens auf Basis dessen Herkunftslandes anstatt dessen Geschäftsprofils.

Denken Sie global und betrachten Sie den Einzelfall

Natürlich können gut geführte Unternehmen in einigen Ländern der Emerging Markets Risiken unterliegen, denen ein Unternehmen eines Industrielandes nicht ausgesetzt wäre. Zu diesen Risiken zählen politische Unruhen, Korruption und Verstaatlichung – um nur einige zu nennen.

Diese potenziellen Gefahren unterstreichen die Wichtigkeit, die Emerging Markets aus globalem Blickwinkel zu betrachten und die veränderlichen politischen bzw. wirtschaftlichen Kräfte als weltweit wirkend zu begreifen.

Die Risiken lassen hingegen ebenfalls erkennen, warum Investments auf Basis einzelner Unternehmen entscheidend sind und jede einzelne Anleihe, ungeachtet des Herkunftslandes ihres Emittenten, einer gründlichen Analyse zu unterziehen ist. Beherzigen Anleger diesen Rat, werden sie möglicherweise Überraschendes zu tage fördern.

Die hier geäusserten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch dienen sie als Investmentberatung oder Anlageempfehlung. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wieder.

Clients Only

The content you have selected is for clients only. If you are a client, please continue to log in. You will then be able to open and read this content.