Aktienanleger denken zunehmend darüber nach, wie sich ihre Entscheidungen auf die Gesellschaft auswirken. Die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (UN Sustainable Development Goals, SDGs) bieten eine gute Orientierung für Investitionen, die sich sozial- und umweltpolitisch positiv auswirken und auch Gewinne erwirtschaften können.

Die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung stellen eine Vision dar, wie die Welt bis 2030 aussehen könnte. Die 17 Ziele und 169 spezifischen Ziele, die im September 2015 verkündet wurden, betreffen Bereiche von entscheidender Bedeutung für die Menschheit, einschließlich der Beseitigung von Armut und Hunger, Verbesserung des Zugangs zu Bildung und Gesundheit sowie Maßnahmen zum Klimaschutz (Abbildung). Die SDGs, die von 193 Nationen entworfen und verabschiedet wurden, versuchen, den Fokus über sich entwickelnde Märkte hinaus zu erweitern und eine Rolle für die Privatwirtschaft explizit zu berücksichtigen.

Die SDGs sind nicht unumstritten. Kritiker bemängeln, dass es zu viele Ziele gibt, und dass einige Ziele nicht fokussiert, vage formuliert oder schwer zu messen und zu verfolgen sind. Einige Ziele werden als zu teuer oder sogar widersprüchlich mit anderen Zielen angesehen. Jede dieser Behauptungen enthält einen Kern an Wahrheit.

Bedeutet das aber, dass die SDGs wertlos oder für Investoren nicht relevant sind? Wir würden genau das Gegenteil behaupten. Unseres Erachtens bieten die SDGs einen starken Rahmen für aktive Aktienanleger, die sowohl robuste langfristige Anlageergebnisse erzielen als auch positiv auf die Gesellschaft einwirken wollen. Trotz der Komplexität betrachten wir die SDGs als einen 15-Jahres-Plan, der wichtige Chancen für Unternehmen und attraktive, differenzierte Trends für Investoren aufzeigt.

Wie groß ist das Chancenfeld?

Die Kosten für die Erreichung der SDGs und damit die Chancen für Unternehmen, die dabei helfen können, sind enorm. Schlüsselbereiche des Investitionsbedarfs liegen in der Basisinfrastruktur, insbesondere in den Bereichen Verkehr, Energie und Telekommunikation. Die UN taxieren die jährlichen Kosten für die Einhaltung der SDGs weltweit in der Größenordnung von 5 bis 7 Billionen US-Dollar. Die tatsächlich zur Verfügung gestellten Mittel liegen weit darunter, was einer jährlichen Differenz von 2,5 Billionen US-Dollar entspricht, wobei die Entwicklungsländer den größten Teil des Fehlbetrags ausmachen.1

Privatsektor kommt entscheidende Rolle zu

Angesichts der Größe und des Umfangs dieser Ziele werden Philanthropie und staatliche Ausgaben alleine nicht ausreichen, um die Arbeit zu erledigen. Es ist zwingend erforderlich, dass der Privatsektor – und die Aktienanleger – eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Lösungen spielen. In den USA zum Beispiel ist die Investitionskapazität der 500 größten Unternehmen mehr als 11-mal größer als die aller gemeinnützigen Stiftungen zusammengenommen (Abbildung).

Die Mobilisierung der Unterstützung des Privatsektors für die SDGs erfordert fundierte Beweise dafür, dass solche Investitionen angemessene Erträge erzielen können. Diesbezüglich besteht Grund zum Optimismus. Laut einer kürzlich durchgeführten umfassenden Studie des Copenhagen Consensus Center würde eine gleichgewichtete Investition in alle 169 individuellen SDG-Ziele für jeden investierten US-Dollar einen Gewinn von 7 US-Dollar erzielen. Wenn man sich auf die Ziele mit der höchsten erwarteten sozialen Strahlkraft konzentriert, könnte sich dieser Kapitalertrag gar vervierfachen.2 Das ist ein starker Anreiz.

In vielen Fällen werden die Regierungen wahrscheinlich auch finanzielle oder regulatorische Anreize setzen, um die Beteiligung des privaten Sektors zu fördern. Auch Unternehmen geraten unter verstärktem Druck von investorengeführten Gruppen, Nachhaltigkeitsaspekten mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Unseres Erachtens werden die Ziele, die sowohl finanzielle Anreize als auch positive soziale Ergebnisse bieten, wahrscheinlich am schnellsten voranschreiten, während diejenigen, die ein begrenzteres Gewinnpotenzial bieten, langsamer erreicht werden – und letztlich über den gemeinnützigen Sektor (NGOs) oder Regierungen angegangen werden dürften.

Zwischenbilanz

Da die Bemessungsgrundlagen für die Zielerreichung noch nicht im Detail ausgearbeitet sind, ist es eigentlich noch zu früh für eine erste Bilanz. Eine aktuelle Studie zum Fortschritt der SDGs hat gezeigt, dass wir bislang nur bei 3 der 17 Ziele auf dem richtigen Weg sind.3 Der Rest erfordert erhebliche Reformen (9 der 17) oder eine direkte Trendumkehr (5 der 17).

Dieser Zustand sollte nicht als übermäßig entmutigend angesehen werden. Angesichts der Langfristigkeit der Ziele und Investitionstätigkeit vieler Unternehmen in diesem Bereich glauben wir, dass Anleger durchaus ein Portfolio aufbauen können, welches die damit verbundenen Chancen nutzen kann. Wenn wir nach nur einem Jahr auf dem richtigen Weg für die Erreichung aller Ziele wären, wäre es nicht nötig gewesen, sie zu setzen. Man sollte auch nicht unterbewerten, dass 193 Nationen in seltener Solidarität zusammenkamen und dieser Zielsetzung zustimmten. Das sind gemeinsame Prioritäten, und wir erwarten weiterhin Fortschritte bei der Erfüllung dieser Prioritäten.

Der Aufbau eines Portfolios rund um diese 15-jährige globale Agenda bietet Anlegern aus unserer Sicht ein großes Potenzial. Die SDGs erfordern Investitionen von 15 Milliarden US-Dollar über 15 Jahre – für Unternehmen, die relevante Lösungen bieten können eine wahrlich enorme Wachstumschance. Eine große und wachsende Zahl wissenschaftlicher Studien zeigt zudem, dass Unternehmen mit positiver Umwelt- und Sozialpraxis geringere Finanzierungskosten, bessere Finanzergebnisse und eine bessere Marktperformance aufweisen.4

Nachhaltigkeit ist wirtschaftlich sinnvoll

Der politische Gegenwind für den SDG-Fortschritt ist allgegenwärtig und dürfte sich unter der neuen US-Regierung noch verstärken. Aber es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Nachhaltigkeitsbewegung ein wachsendes globales Phänomen mit tief verwurzelter öffentlicher Unterstützung ist. Das Spendenaufkommen für soziale und ökologische Zwecke ist in den letzten Jahren stark gestiegen, und Anleger auf der ganzen Welt sind sich der Bedeutung von Nachhaltigkeit mittlerweile viel bewusster. Insbesondere erwarten wir, dass die wirtschaftlichen Argumente für erneuerbare Energien in den kommenden Jahren an Fahrt gewinnen werden, da die Kosten für Wind- und Solarenergie weiterhin sinken (Abbildung).

Wir haben mehr als ein Dutzend spezifische nachhaltige Anlagethemen identifiziert, die mit den SDGs und einem großen, vielfältigen Universum von Unternehmen in Einklang stehen, deren Geschäfte sich mit diesen Themen decken. Jedes Thema stellt einen bedeutenden globalen Bedarf dar und bietet unserer Ansicht nach attraktive Wachstumschancen für innovative Unternehmen, um lukrative Erträge zu erzielen.

Mit einem konzentrierten Portfolio von Unternehmen, die sich glaubhaft Nachhaltigkeitsthemen verschrieben haben, können Anleger sowohl ihrem Geldbeutel als auch der Welt als Ganzes Gutes tun.

Die hier geäußerten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch Investmentberatung oder Anlageempfehlungen. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wieder und können jederzeit geändert werden.

Daniel C. Roarty, Chief Investment Officer – Global Growth and Thematic

1. United Nations Conference on Trade and Development, World Investment Report, September 2014.

2. Copenhagen Consensus Center, Expert Panel Recommendation Report, 2016.

3. Susan Nicolai, Chris Hoy, Tom Berliner und Thomas Aedy, Projecting Progress: Reaching the SDGs by 2030, Overseas Development Institute, September 2015.

4. Deutsche Bank Climate Change Advisors, Sustainable Investing: Establishing Long-Term Value and Performance, June 2012

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