Von einer angespannten geopolitischen Lage bis hin zu einem globalen Abschwung sind die großen systemischen Risiken im heutigen Anlageumfeld unübersehbar. Wir erwarten, dass diese Risiken zu anhaltend niedrigen und negativen Umlaufrenditen sowie zu Volatilitätsausbrüchen im Jahr 2020 beitragen werden.

Einschätzung systemischer Bedrohungen

Populismus und geopolitische Spannungen – in vielerlei Hinsicht miteinander verflochten – nehmen zu. Bewaffnete Konflikte sind dabei nicht das einzige Risiko. Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat der Weltkonjunktur geschadet, das Vertrauen der Unternehmen geschwächt und die Produktion des verarbeitenden Gewerbes verringert. Handelssensible Volkswirtschaften wie Mexiko und die Eurozone wurden am meisten beeinträchtigt, während China und die USA ironischerweise weniger Schaden nahmen.

Washington und Peking haben Ende letzten Jahres Fortschritte in Richtung eines Handelsabkommens gemacht, aber einige Indikatoren des verarbeitenden Gewerbes, die sich seitdem stabilisiert haben, haben dies auf einem Niveau getan, das mit einem schrumpfenden Output vereinbar ist. Auf jeden Fall könnten die jüngsten Fortschritte mit einem einzigen Tweet des US-Präsidenten wieder zunichtegemacht werden.

Könnte der Ausgang der US-Wahlen 2020 die durch einen populistischen Politikschub verursachte Volatilität beenden? Wir glauben nicht daran. Beide Flügel des politischen Spektrums in den USA unterstützen beispielsweise verstärkten Handelsprotektionismus, während die politische Mitte skeptisch bleibt. Darüber hinaus ist der Anstieg des Populismus ein globales Thema, wie sich unter anderem in Großbritannien, Italien und Brasilien beobachten lässt. Nach Angaben des Tony Blair Institute for Global Change hat sich die Zahl der populistischen Führer weltweit seit 1990 verfünffacht.

Nicht zufällig steht die Weltwirtschaft nun vor einem schwierigen Jahr und könnte in eine längere Phase des langsameren Wachstums eintreten. Eine globale Verlangsamung könnte die Welt noch anfälliger für negative Schocks machen.

Die Zentralbanken sind aktiv geworden, und wir könnten in diesem Jahr eine weitere Lockerung der Geldpolitik erleben. Aber es wird schwierig sein, eine lockerere Geldpolitik zu betreiben, wenn die Zinsen in weiten Teilen der Welt bereits bei oder unter null liegen. Und aggressive Konjunkturprogramme scheinen vorerst vom Tisch zu sein.

Die Lage ist jedoch nicht hoffnungslos düster.

Gemessen an der steileren US-Zinskurve ist das Risiko einer US-Rezession nach Ansicht des Marktes zurückgegangen. Wir glauben das ebenfalls. Die Verbraucher in den USA und anderen Industrieländern geben weiterhin Geld aus, und insbesondere der US-Arbeitsmarkt ist nach wie vor robust.

Darüber hinaus strebt China für 2020 ein reales BIP-Wachstum von 6 % an. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine weitere Beschleunigung der geldpolitischen Lockerung als Reaktion auf den internen und externen Abwärtsdruck erforderlich. Wir gehen davon aus, dass die chinesischen Impulse auf die entwickelten und aufstrebenden Volkswirtschaften und Vermögenswerte übergreifen und so zur Stabilisierung der Weltwirtschaft im Jahr 2020 beitragen werden.

Es wäre dennoch verfrüht, die Trendwende für die Weltwirtschaft auszurufen, denn die von uns identifizierten unmittelbaren Gefahren spiegeln langfristige Trends wider.

Chancen aufspüren

Die Anleiherenditen werden dementsprechend wohl noch einige Zeit niedrig bleiben, während die Marktvolatilität hoch bleiben dürfte. Dennoch können Anleger mit ihren Anleihenstrategien einen angemessenen Ertrag erzielen.

Die 10-jährige japanische Staatsanleihe etwa begann die letzten drei Jahre mit einer Rendite nahe null und 11 der letzten 12 Jahre mit einer Rendite unter 1 %. Die jährlichen Erträge lagen in diesem Zeitraum aber im Durchschnitt über 2 %. Ebenso haben die sinkenden Renditen in Europa zu einem gesunden Kursanstieg geführt. Die Rendite des Bloomberg Barclays Euro-Aggregate Treasury Index begann 2019 mit 0,74 %, erzielte aber einen Gesamtertrag von 6,77 %.

Es ist auch wichtig, Duration zu halten, sich also dem Risiko steigender oder fallender Zinsen auszusetzen, wenn es auf der globalen geopolitischen Bühne große Unsicherheit gibt. In Zeiten von Marktturbulenzen gleicht die Duration von Staatsanleihen die Volatilität an den Aktien- und Unternehmensanleihenmärkten aus und mildert so das Abwärtsrisiko.

Anleger sollten jedoch nicht nur Staatsanleihen halten, sondern auch von Verwerfungen in bonitätssensiblen Sektoren profitieren, die einen attraktiven Mix aus Rendite, Qualität und Abwärtssicherungspotenzial bieten. Zwei aus unserer Sicht attraktive Sektoren sind US-amerikanische verbriefte Vermögenswerte, die mit gewerblichen und privaten Hypotheken besichert sind, sowie nachrangige europäische Bankschuldpapiere.

Verbriefte Vermögenswerte waren eine gute Methode, die durch den Handelskrieg verursachte Volatilität auszugleichen. Gewerbehypothekenpapiere (Commercial Mortgage-Backed Securities, CMBS) und Kreditrisikotransferpapiere (Credit Risk Transfer, CRT) haben das Auf und Ab des Handelskrieges zwischen den USA und China besser überstanden als US-Hochzinsanleihen. Sie weisen zudem geringe Korrelationen mit anderen festverzinslichen Sektoren und anderen Anlageklassen auf.

CMBS können das Anlageeinkommen steigern, da sie gegenüber Unternehmensanleihen einen lukrativen Renditeaufschlag bieten. Der Sektor war in den letzten Jahren in Ungnade gefallen, zum Teil aufgrund von Befürchtungen im Zusammenhang mit einer Apokalypse im Einzelhandel. Unser Research zeigt, dass diese Befürchtungen übertrieben sind.

Anleger sollten auch ein Engagement in CRT, durch Wohnhypotheken besicherte Anleihen der von der US-Regierung gestützten Kreditinstitute Fannie Mae und Freddie Mac, in Betracht ziehen. CRTs profitieren unter anderem von einem nach wie vor soliden US-Immobilienmarkt. Die Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien hat sich in den meisten Regionen verbessert, und obwohl geringfügige Korrekturen in einigen einkommensstarken Regionen des Landes den Anstieg der Immobilienpreise verlangsamen könnten, ist es unwahrscheinlich, dass sie ihn ganz stoppen.

Wir glauben auch, dass Anleger das Renditepotenzial erhöhen können, ohne zu viel Risiko einzugehen, indem sie in nachrangige europäische Bankanleihen investieren. Diese Wertpapiere wurden emittiert, um die globalen Basel-III-Vorschriften zu erfüllen, die die Banken zum Aufbau von Eigenkapitalpuffern verpflichten. Nachrangige Anleihen von Investment-Grade-Banken bieten aufgrund ihres niedrigeren Rangs in der Kapitalstruktur Renditen wie spekulative Wertpapiere. Tatsächlich liegen die Renditen der europäischen zusätzlichen Tier-1-(AT1-)Anleihen, den ersten Wertpapieren, die im Falle von Schwierigkeiten der emittierenden Bank getroffen würden, deutlich über denen der europäischen und US-amerikanischen Hochzinsanleihen.

Die Banken der Industrieländer sind zudem heute im Großen und Ganzen in guter Verfassung, was das Risiko-Ertrags-Profil attraktiv macht. Europäische Bankanleihen sind besonders attraktiv, weil sich europäische Finanzwerte in einer etwas früheren Phase des Kreditzyklus befinden als ihre US-Pendants.

Welche anderen festverzinslichen Segmente sehen im Spätstadium des Kreditzyklus attraktiv aus? Vielleicht überraschendweise gehören dazu BBB-Unternehmensanleihen, die Renditen wie am Hochzinsmarkt bieten. Viele dieser Unternehmen haben dem Schuldenabbau Vorrang eingeräumt und erzielen immer noch solide Gewinne. Innerhalb des Hochzinssektors könnten Kurzläufer eine gedämpfte Volatilität aufweisen.

Und schließlich wirkt die konjunkturfreundliche Geldpolitik der Industrieländer im Großen und Ganzen unterstützend auf Schwellenländeranleihen. Auch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten der Schwellenländer haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Wir glauben, dass diese Vermögenswerte einen zusätzlichen Schub erhalten könnten, wenn die Geldpolitik im Jahr 2020 weltweit noch lockerer wird.

Alles zusammengenommen

Die Ära der niedrigen Renditen und der damit verbundenen Herausforderungen für festverzinsliche Anleger dürfte nicht so bald enden. Aber selektive Investm nts über Regionen und Sektoren hinweg sowie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen zins- und bonitätssensiblen Anlagen können die Volatilität verringern und das Ertragspotenzial erhöhen, wenn die Weltwirtschaft an Schwung verliert. In einer Zeit der Unsicherheit ist das ein Lichtblick.

Scott DiMaggio ist Co-Head of Fixed Income und Director of Global Fixed Income bei AllianceBernstein.

Gershon Distenfeld ist Co-Head of Fixed Income und Director of Credit bei AllianceBernstein.

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.

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