Europäische Value-Aktien haben zuletzt starke Kurssteigerungen verzeichnet. Dennoch bleibt es weiterhin sehr schwierig, günstige Aktien mit Erholungspotenzial zu identifizieren. Es ist an der Zeit, sich neuen Ansätzen zur Entdeckung attraktiv bewerteter Substanzaktien an Europas komplexer Börsenlandschaft zu öffnen.

Von der Staatsschuldenkrise bis Brexit: Europa erlebte in den vergangenen Jahren mehr stabilitätserschütternde Krisen, als uns lieb sein konnte. Dadurch haben sich auch die Umstände für die Bewertung europäischer Aktien geändert. Systemische Marktwidrigkeiten anstatt titelspezifischer Kontroversen sind in immer stärkerem Maße für die Aktienbewertungen verantwortlich.

Was treibt günstige Aktien an?

Sehen wir uns einmal die auf Basis des Kurs-Buch-Verhältnisses günstigsten 20 Prozent der europäischen Aktien an. Unser Research zeigt, dass ein immer geringerer Anteil der Kursvolatilität auf firmenspezifische Themen wie Betriebskennzahlen, Verhalten des Managements oder Aktien- oder Anleihenemissionstätigkeit zurückzuführen ist (Abbildung). Gleichzeitig gibt es immer mehr Aktien am Markt, deren Bewertungen wegen ihrer Sensibilität zum Marktbeta oder volkswirtschaftlichen Unsicherheiten unter Druck geraten.

In Anbetracht dieser Trends kann eine oberflächliche Filterung nach Substanzaktien gefährlich sein. Heute dominieren Finanzwerte das günstigste Quintil europäischer Aktien, zumindest auf Basis herkömmlicher Bewertungsmaßstäbe wie Kurs-Buch- (KBV) oder Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) (Abbildung). Dabei sind Banken aktuell alles andere als optimale Anlagen: sie tun sich sehr schwer damit, sich an steigende Kapitaldeckungsanforderungen anzupassen, und historisch niedrige Zinsen drücken auf die Gewinne.

Banken machen daher auch nur 1,7 Prozent der profitabelsten europäischen Aktien aus, gemessen an der Eigenkapitalrendite. Andererseits finden sich relativ wenige Industrie- oder Konsumtitel unter den günstigsten Titeln, wohingegen sie einen Großteil der profitabelsten Namen stellen. Deshalb setzen Exchange Traded Funds (ETFs), die KBV oder KGV als Definition von Value nutzen, ihre Anleger einem sehr hohen Klumpenrisiko in Finanzwerten aus. Diese Aktien sind systemischen Risiken stark ausgesetzt und potenzielle Valuefallen, da sie kaum Optionen zur Steigerung ihrer Profitabilität haben.

Mehr Tools nutzen, um Value zu finden

In diesem Umfeld sollten Anleger unserer Ansicht nach ihr Augenmerk mehr auf die Cashflows richten, unter Verwendung weit komplexerer Tools, um attraktive Substanzwerte zu identifizieren.

Was also benötigt man? Zusätzlich zu KBV und KGV glauben wir, dass heute der Bewertung von Cashflows eine entscheidende Bedeutung zukommt. Auch die Einbeziehung der Schuldenkennzahlen und Bilanzierungspraktiken eines Unternehmens ist unabdingbar für die Einschätzung dessen intrinsischen Werts. Offiziell verkündete Gewinne hingegen lassen sich nur allzu leicht manipulieren. Die Messung des Verhältnisses von Aktienkurs zum materiellen Buchwert kann dabei helfen, schwer abzuschätzende Größen wie Goodwill zu evaluieren. Und das Verhältnis von Unternehmenswert zum Umsatz ist nützlich, um den Wert der Einkünfte eines Unternehmens unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten zu taxieren.

Noch ist es zu früh um abzusehen, ob die Erholung der Substanzaktien aus dem dritten Quartal sich fortsetzen wird. Doch es ist keineswegs zu früh für Anleger, sich angesichts der schwierigen Marktbedingungen in Europa nach neuen Wegen zur Identifikation von Value umzuschauen. Durch einen erweiterten Werkzeugkasten und die Kombination quantitativer Filter mit fundamentalem Research können Anleger unserer Überzeugung nach günstige Aktien entdecken, die nachhaltiges Erholungspotenzial aufweisen.

Die hier geäußerten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch Investmentberatung oder Anlageempfehlungen. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wieder. AB ist von der britischen Finanzmarktaufsicht genehmigt und wird von ihr beaufsichtigt.

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