Immer mehr festverzinsliche Anleger wollen eine aktive Rolle beim Aufbau einer nachhaltigeren Zukunft spielen, anstatt nur die am wenigsten nachhaltigen Branchen aus ihren Portfolios herauszufiltern. Sie wollen einen größeren Beitrag leisten, als es die Investition in grüne Anleihen allein erlaubt. Eine effiziente Möglichkeit dafür besteht darin, die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) als Roadmap für den Kauf traditioneller Unternehmensanleihen zu nutzen.

Die SDGs sind 17 Ziele, die die Vereinten Nationen im Jahr 2015 festgelegt haben, um bis 2030 eine nachhaltigere Welt zu schaffen. Die Ziele (Abbildung 1) decken ein breites Themenspektrum ab, von sauberem Wasser bis hin zur Geschlechtergleichstellung. Etwa 193 Länder haben sich verpflichtet, auf ihre Verwirklichung hinzuarbeiten.

Die geschätzten Kosten für die Realisierung der SDGs liegen bei etwa 90 Billionen US-Dollar, sind jedoch zu hoch, als dass der öffentliche Sektor sie allein tragen könnte. Anleger können zur Verwirklichung der Ziele beitragen, indem sie nicht nur staatliche und gemeinnützige Anstrengungen, sondern auch ehrgeizige Versuche der Selbstveränderung in der Unternehmenswelt finanzieren.

Orientierung an den SGDs

Einige der 17 Bereiche, die die SDGs abdecken, bieten mehr Investitionsmöglichkeiten als andere. Anleihenanleger können die 169 Teilziele innerhalb der SDGs nutzen, um eine spezifische Liste potenzieller Investments zu erstellen. Zu diesen Zielen gehören die Verbesserung des Zugangs zu erschwinglichen Medikamenten und Impfstoffen und die breitere Verfügbarkeit von sauberem Wasser. Unsere Analyse ergab etwa 80 Produkte und Dienstleistungen, die sich mit den SDGs befassen. Im nächsten Schritt identifizierten wir 784 globale Emittenten, die diese Produkte und Dienstleistungen anbieten.

Beispiele: eine Bank in einem armen Schwellenland, die einen beträchtlichen Teil der Mikrofinanzkredite an Unternehmerinnen vergeben hat, eine Großbank aus einem Industriestaat, die Geld in grüne Anleihen gesteckt hat und Kredite an kleine und mittlere Unternehmen vergibt, und ein biopharmazeutisches Unternehmen, das einen beträchtlichen Teil seiner Medikamente in die Schwellenländer liefert. Alle diese Anleihenemittenten existieren bereits.

Dabei lohnt es sich, den Unterschied zwischen der Verwendung der SDGs zur Identifizierung von Emittenten, die zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen, und dem allgemeineren Wunsch, in nachhaltige Unternehmen zu investieren, hervorzuheben. Letzteres ist im Wesentlichen eine Form des Risikomanagements. Unternehmen, die bei Umwelt-, Sozial- und Governance-Maßnahmen (ESG) gute Leistungen erbringen, sind weniger anfällig für Skandale, die zu enormen Bußgeldern, Gerichtskosten oder dem Absprung von Großkunden führen. Die besten Fondsmanager berücksichtigen deshalb bei ihrem Fundamentalresearch für jede festverzinsliche Anlage ESG-Themen. Die Integration der Nachhaltigkeit ist eine vorbildliche Vorgehensweise, aber sie erfordert nicht, dass Anleger entscheiden, welche Unternehmen das Potenzial haben, die Welt zum Besseren zu verändern, wie es die SDGs tun.

SDGs eröffnen nachhaltigen Anlegern neue Chancen

Die Anlage in Unternehmen, die an der Erfüllung der SDGs arbeiten, hat mehrere Vorteile gegenüber traditionellen Ansätzen für nachhaltige festverzinsliche Anlagen. Während die Emission von grünen Anleihen (Green Bonds) stark wächst, ist der Markt im Vergleich zum globalen Investment-Grade-Markt noch relativ klein (Abbildung 2). Grüne Anleihen sind zudem weniger liquide und können im Sekundärmarkt schwieriger zugänglich sein als ihre traditionellen Pendants.

Andererseits verbleibt nach dem bloßen Aussortieren von Anleihen in den offensichtlich problematischsten Branchen ein zu großes Universum für jene Anleger, die wirklich eine nachhaltigere Zukunft aufbauen wollen. Die Ablehnung von Unternehmen, die Waffen, Alkohol und Tabakprodukte, Glücksspielbetriebe und -dienstleistungen sowie Pornografie herstellen, lässt immer noch sehr viel Spielraum für ein breites Spektrum an Verhaltensweisen.

Der Mythos des perfekten Investments

Beispiel Autoindustrie: General Motors, Volkswagen und Ford Motor haben sich in den letzten Jahren alle stark im Elektroautosektor engagiert. Elektrofahrzeuge produzieren über eine Lebensdauer von 160.000 Kilometern 10 bis 24 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als Benzinautos.1 Dieser Prozentsatz könnte steigen, da erneuerbare Energien weiterhin Marktanteile von fossilen Quellen erobern und damit auch eine größere Rolle bei der Betankung von Elektroautos spielen.

Doch General Motors und Ford Motor sind auch stark vom Verkauf von Benzinschluckern wie Pick-ups und SUVs abhängig. Letztendlich halten wir es für sinnvoll, den Übergang traditioneller Automobilunternehmen zu Elektrofahrzeugen zu unterstützen, auch wenn sie nicht über Nacht ihre gesamte Fahrzeugpalette elektrifizieren. Wir glauben, dass Anleihen als wichtigstes Finanzierungsinstrument für die Automobilindustrie entscheidend sind, um diesen Übergang zu ermöglichen.

Warum also nicht einfach in Tesla Motors investieren, das ausschließlich Elektrofahrzeuge herstellt? Zwar sind die Produkte von Tesla relativ umweltfreundlich, aber das Unternehmen hat mit seinem Herstellungsprozess zu kämpfen und sah sich in letzter Zeit einigen Governance-Problemen ausgesetzt. Tesla birgt einige ESG-Risiken, über die viele langfristige Anleger sorgfältig nachdenken sollten, auch wenn die Produkte des Unternehmens die SDGs sicherlich fördern.

Emittenten zur Rechenschaft ziehen

Bei den meisten Unternehmen steckt Nachhaltigkeit noch in den Kinderschuhen. Unternehmen, die in einem Bereich große Fortschritte machen, können in anderen Teilen ihrer Geschäftstätigkeit in ernsthafte Skandale geraten.

Nachhaltiges Investieren hört deshalb nicht bei der ersten Anlageentscheidung auf. Fondsmanager müssen sich häufig mit dem Management hinsichtlich ESG-Fragen befassen, um sicherzustellen, dass bei der Entwicklung von Produkten, Dienstleistungen und Praktiken Versprechen eingehalten werden.

Dabei hilft die Kooperation über alle Anlageklassen hinweg. Ein nachhaltiger Anleihenfondsmanager, der zu einem Management-Meeting mit einem nachhaltigen Aktienkollegen erscheint, kann mehr ausrichten. Unternehmen zu bitten, sich am Aufbau einer grüneren, gerechteren Welt zu beteiligen, ist keine einfache Aufgabe. Doch je mehr Stimmen diese Zielsetzung einfordern, desto schneller kann ein Wandel stattfinden.

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1 Bill Schlesinger, „Life-Time Side-by-Side Comparison: Electric vs. Gasoline Automobiles” (25. Juni 2018). https://blogs.nicholas.duke.edu/citizenscientist/life-time-side-by-side-comparison-electric-vs-gasoline-automobiles/ Die Zahl beinhaltet Emissionen während Herstellung und Betrieb des Autos.

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.

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