Die Weltwirtschaft steht vor dem herausforderndsten Jahr seit über einem Jahrzehnt. Politiker und Notenbanker haben noch Optionen, aber können sie diese auch effektiv nutzen? Wir haben unsere Prognose gesenkt und erwarten nunmehr 2,3 % globales Wachstum im kommenden Jahr, der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Das ist noch kein Rezessionsniveau und nicht annähernd vergleichbar mit 2009 (als die globale Konjunktur um 2 % schrumpfte), aber es stellt auf jeden Fall eine erhebliche Verlangsamung dar, und die Anfälligkeit für Schocks dürfte steigen.

Produktionsschwäche gegen Widerstandskraft des Verbrauchers

Mehrere Faktoren machen den globalen Ausblick herausfordernder als üblich. Schulden, Demografie und mageres Produktivitätswachstum ergeben ein eher schwaches langfristiges Fundament. Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat die Unsicherheit gesteigert und das globale Handelsvolumen zum ersten Mal seit der Globalen Finanzkrise (GFK) sinken lassen.

Es überrascht daher nicht, dass offene Volkswirtschaften mit großem Industriesektor, wie die Eurozone und Japan, am stärksten betroffen sind. Bislang findet dieser Abschwung vor allem im Produktionssektor statt, im Gegensatz zu Abschwüngen, die vom Verbraucher- oder Finanzzyklus bestimmt waren und sich oft zu tiefen Rezessionen ausgewachsen haben. Die gute Nachricht: Verbraucher- und Investitionsausgaben halten sich wacker, sogar in Europa. Die schlechte Nachricht: Andauernde Schwäche bei Produktion und Handel könnten sich letztlich auch auf Investitionen und Arbeitsplätze auswirken und das Gesamtwachstum nach unten ziehen. Angesichts von fortdauernden Handelsstreitigkeiten und einem möglichen, von den USA angezettelten Währungskrieg hegen wir wenig Hoffnung auf eine rasche Erholung der Produktion.

Geldpolitik im Umfeld negativer Zinsen

Der erste Verteidigungswall gegen einen ausgewachsenen Abschwung des globalen Wachstums ist wie immer die Geldpolitik. Daher ist es ermutigend, dass China, die USA und nun auch die Eurozone die monetären Zügel lockern. Wir erwarten weitere Schritte in den kommenden Monaten.

Zwar könnten weiter sinkende Zinsen und wachsende Notenbankbilanzen den Wertpapierkursen kurzfristig zugutekommen, aber wirklich positive Auswirkungen auf das Wachstum sind keineswegs eine ausgemachte Sache. Insbesondere in Europa und Japan gibt das Anlass zur Sorge, denn dort sind die Zinsen bereits negativ und der Geldpolitik verbleiben kaum Pfeile im Köcher.

Herausfordernder Ausblick

Seit der tiefen Rezession während der GFK hat die Weltwirtschaft zehn ununterbrochene Jahre Wachstum erlebt. Wir erwarten für das kommende Jahr nicht das Ende dieser Serie. Aber eine Kombination von schwachem langfristigen Wachstum, andauernden Handelssorgen, sinkender Effektivität der Geldpolitik und schwelenden Populismusrisiken bedeutet, dass 2020 das herausforderndste Jahr für die globale Konjunktur seit 2009 sein dürfte.

Drei mögliche Überraschungen

Gibt es also irgendetwas, das der globalen Konjunktur neuen Schwung verleihen könnte? Drei Faktoren könnten zu höher als erwartetem Wachstum im nächsten Jahr führen: ein Ende des Handelskriegs, eine überraschend effektive Geldpolitik und die Haushaltspolitik als rettende Kavallerie.

In allen drei Fällen sind wir skeptisch. So sehen wir etwa den Handelskrieg als Auswuchs zweier langfristiger Schlüsseltrends. Populismus und geopolitischer Konflikt zwischen China und dem Westen sind die Treiber. So etwas lässt sich nicht mit einem Tweet oder auch dem Ende von Donald Trumps Präsidentschaft beheben.

Zwar denken wir seit Langem, dass die Hauptstütze für Wachstum und Inflation letztendlich auf die Haushaltspolitik übergehen würde, aber dieser Prozess wird weder schnell noch umfassend genug sein, um für 2020 einen signifikanten Unterschied auszumachen. Dennoch verfolgen wir diesen Prozess und andere Faktoren weiter aufmerksam.

Darren Williams ist Director of Global Economic Research bei AllianceBernstein

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.

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