Während die Welt sich von der Pandemie erholte, legten die Aktien im zweiten Quartal an Wert zu und die Gewinne stiegen in allen Sektoren wieder an. Da die Unternehmensgewinne sich inmitten komplexer Marktrisiken ausweiten, sollten Anleger sich auf Qualitätstitel konzentrieren, um in einer sich normalisierenden Weltwirtschaft Aktien zu finden, die eine gute Wertentwicklung vorlegen werden.

Die globalen Aktien entwickelten sich im zweiten Quartal weiter positiv. Der MSCI World Index legte in lokaler Währung im Dreimonatszeitraum bis Ende Juni um 7,6 % und seit Anfang des Jahres um 14,2 % zu. Bei dieser Wertsteigerung waren die US- und australischen Titel führend, während die Schwellenländer und Japan sich unterdurchschnittlich entwickelten (Abbildung, links). Der Technologiesektor übernahm nach einem relativ schwachen ersten Quartal wieder die Führung (Abbildung, rechts). Die Immobilientitel erholten sich deutlich von der Underperformance im letzten Jahr, da sich die Anzeichen verdichteten, dass ein Eintreten des zuvor angenommenen schlimmsten Falls nach der Pandemie jetzt weniger wahrscheinlich ist.

Die Weltwirtschaft erlebt derzeit schubweise Öffnungsphasen. Einige Länder machten aufgrund erfolgreicher Impfprogramme schnelle Fortschritte bei der Eindämmung von COVID-19, während andere Länder aufgrund neuer Virusvarianten Rückschläge hinnehmen mussten. Auch die Aktienmärkte waren – was die Stilführung betraf – volatil. Die Substanzaktien waren in diesem Jahr bisher die Strategie mit der besten Performance, hinkten im zweiten Quartal jedoch hinterher (Abbildung). Tatsächlich legten die Qualitätstitel – typischerweise die Aktien mit der beständigsten Wertentwicklung in allen Zyklusphasen – im zweiten Quartal und im Laufe des Übergangs von der Dominanz der Wachstumstitel 2020 bis hin zum Wiedererwachen der Substanzwerte eine gute Performance vor.

Der Boom bei der Wiederaufnahme der Geschäftsbetriebe beflügelte die Zuwächse an den Märkten, da die Wirtschaften wieder öffneten und die Verbraucher ihren Nachholbedarf bei den Ausgaben befriedigten. Dies spiegelte sich in den Gewinnen wider, wo global der Anteil der Unternehmen, die Aufwärtskorrekturen ihrer Gewinnprognosen erlebten, in jedem Sektor gewachsen ist (Abbildung). Laut unserer Forschung erlebten viele Unternehmen, die im ersten Quartal Abwärtskorrekturen hinnehmen mussten, im zweiten Quartal Aufwärtskorrekturen, was auf eine gesunde Ausweitung des Gewinnwachstums hindeutet.

Die Ertragslandschaft verändert das Umfeld für Aktieninvestitionen. Die Gewinnprognosen für das Jahr 2021 waren im Verlauf von 2020 für die MSCI-World-Unternehmen um 15 % gefallen, während der Index in US-Dollar um 14 % stieg. Daraufhin schnellte das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Benchmark um 35 % in die Höhe. In diesem Jahr stiegen die Gewinnprognosen für 2021 um 13 %, während der Markt um 12 % zulegte – wodurch das KGV unverändert blieb.

Welche Bedeutung haben diese Trends? Zum einen waren die Kursgewinne im letzten Jahr hauptsächlich auf den KGV-Anstieg zurückzuführen – und nicht auf das Gewinnwachstum, größtenteils aufgrund der niedrigeren Zinsen. Zum anderen konzentrierten sich die Anleger während des Konjunktureinbruchs auf Unternehmen, deren langfristiger Erfolg nicht von den kurzfristigen wirtschaftlichen Turbulenzen betroffen war, und bevorzugten die Superstars unter den Wachstumsunternehmen, deren Gewinne weit in der Zukunft liegen. Heute sind die Kursgewinne enger mit den derzeitigen und kurzfristigen Gewinntrends verknüpft, was wieder mehr dem normalen Marktverhalten entspricht.

Diese Rückkehr zur Normalität stellt für die Anleger eine Herausforderung dar. Nach der diesjährigen Erholung von einem dramatischen, durch die Pandemie verursachten Einbruch besagen die Prognosen, dass das Gewinnwachstum 2022 wieder auf ein normaleres Niveau zurückgehen wird (Abbildung). Die Anleger werden daher, wenn der anfängliche erholungsbedingte Schub abflaut, nach Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsfaktoren und Wettbewerbsvorteilen suchen müssen, um gesunde langfristige Cashflows zu sichern.

Doch der Weg von der Erholung zur Normalität wirft Fragen auf. Das Navigieren der Wirtschaftszyklen ist dieses Mal problematisch, da der einmalige Charakter der Coronakrise unvorhergesehene und langfristige Folgen für Unternehmen und Branchen bergen könnte. Darüber hinaus gibt es eine spürbare Gefahr durch die Inflation und Änderungen in der Geldpolitik. Die Bewertungen in vielen Sektoren und Branchen bleiben unterdessen erhöht.

Wird dieser Zyklus anders sein?

Makroökonomische Zyklen geben Anlegern in der Regel wichtige Hinweise auf Markttrends. Beispielsweise zeigt unsere Forschung in den USA, dass der Einkaufsmanagerindex (EMI) – ein wichtiger Frühindikator für eine Wirtschaftszyklusphase – eine gute Möglichkeit zur Ermittlung wirkungsvoller Aktienrenditefaktoren darstellt. Im Verlauf von drei Jahrzehnten haben zyklische Substanzaktien grundsätzlich die beste Entwicklung während der Erholungsphase nach der Rezession vorgelegt. Wachstumstitel schnitten dagegen am besten ab, wenn das Wirtschaftswachstum sich abflachte, und defensive Titel übernahmen in den Expansions- und Kontraktionsphasen die Führung. Qualitätstitel sind selten die Stars am Aktienmarkt, doch sie bleiben tendenziell in allen vier Phasen relativ widerstandsfähig.

COVID-19 könnte einige dieser Trends, zumindest vorübergehend, auf den Kopf gestellt haben. Im Gegensatz zu den Beispielen in der Vergangenheit schnitten die Wachstumstitel während der Pandemie, inmitten einer großen globalen BIP-Kontraktion, am besten ab, während die defensiven Titel sich schlechter entwickelten. Auch könnte der Einkaufsmanagerindex durch die massiven Maßnahmen der Zentralbanken zur Stützung der globalen Wirtschaft verzerrt erscheinen.

Die wachsende Besorgnis hinsichtlich der Inflation fügt dem Ausblick ein weiteres Risiko hinzu. Die Anzeichen für Inflation haben sich im zweiten Quartal gemehrt. Der Kernverbraucherpreisindex stieg im Monatsvergleich im Mai um 0,7 %, was einer Steigerung von 3,8 % im Jahresvergleich entspricht – der höchsten jährlichen Rate in mehr als 25 Jahren. Die Forschungsergebnisse der AB-Ökonomen geben Anlass zu der Vermutung, dass dies nur ein vorübergehender Anstieg ist, und die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass für die Aktienrenditen keine Gefahr bestehen sollte, solange die Inflation nicht für längere Zeit über 4 % steigt.

Mitte Juni fielen die Aktienkurse kurzfristig und die Renditen von Anleihen mit kürzeren Laufzeiten stiegen, als die US-Notenbank (Fed) eine mögliche Veränderung ihrer Politik signalisierte. Der Vorsitzende der US-Notenbank Jerome Powell erklärte, dass die Fed eine schrittweise Reduzierung der Einkäufe von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren in Betracht ziehen würde, und mehrere Mitglieder des Fed-Vorstands legten ihre Prognosen vor, wann die Leitzinsen steigen würden. Diese Äußerungen führten im Juni zu einer Outperformance der Wachstumsaktien, vermutlich, weil sie zu einer Verringerung der Befürchtungen, die Inflation könne außer Kontrolle geraten, beitrugen, sodass die Zinsen am längeren Ende der Kurve niedriger waren als am Quartalsanfang.

Makroökonomische Unsicherheiten erhöhen die Risiken an den Aktienmärkten, während die hohen Bewertungen ein anhaltendes Problem darstellen. Ende Juni wurde der MSCI World Index mit einem KGV von 19,8x gehandelt und lag damit am oberen Ende seiner historischen Bandbreite seit 1996. Doch die regionalen Bewertungen bleiben differenziert. Aktien in Europa, Asien und den Schwellenländern werden mit großen Abschlägen zum globalen Index gehandelt und in den meisten Fällen sehr stark unter ihrem durchschnittlichen historischen Abschlag. Für Anleger, die bisher bei Nicht-US-Aktien untergewichtet waren, wäre unserer Meinung nach jetzt ein guter Zeitpunkt, ihre globalen Allokationen zu diversifizieren.

Qualität kommt in der nächsten Phase der Erholung zum Tragen

Ungeachtet dessen, wo Sie investieren: Wir sind überzeugt, dass eine Konzentration auf Qualität heute unerlässlich ist. Unserer Ansicht nach haben qualitativ hochwertige Unternehmen verschiedener Regionen und über alle Wert- und Wachstumstitel sowie Aktien mit geringerer Volatilität hinweg eine bessere Chance, über längere Zeiträume beständigere Ergebnisse zu liefern.

Doch Qualität zu finden, kann schwierig sein, und ihre Definition muss mitunter, abhängig vom Anlagestil oder kontext, angepasst werden. Wir sind beispielsweise der Meinung, dass unter den Substanztiteln eine geringere Verschuldung, Kapitaldisziplin und höhere Profitabilität – gemessen an der Eigenkapitalrendite – gute Qualitätsindikatoren darstellen. Unsere Forschung belegt, dass Substanztitel mit den höchsten Free-Cashflow- und Eigenkapitalrenditen während der Erholungsphasen nach vergangenen Rezessionen hohe Renditen erzielt haben. Profitabilitätskennzahlen wie die Gesamtkapitalrentabilität und die Rendite auf investiertes Kapital sind gute Leitkennzahlen für Wachstumsunternehmen. Doch jenseits spezifischer Messzahlen definiert sich Qualität durch den Wert und die Qualität der Wettbewerbsvorteile sowie die innovativen und Managementfähigkeiten eines Unternehmens. Gute Unternehmen haben langfristig die Nase vorn.

Die Suche nach Unternehmen mit diesen Merkmalen ist immer wichtig, doch ganz besonders jetzt angesichts der Unsicherheiten hinsichtlich unseres Ausblicks – und der Möglichkeit einer Korrektur nach einer längeren Hausse an den Märkten. Anleger sollten sicherstellen, dass ihre Portfoliomanager bei ihrem Aktienauswahlprozess eine kohärente Definition von Qualität anwenden – immer gestützt durch die Fundamentalanalyse.

Wir glauben, dass eine Diversifizierung des Engagements in verschiedene Aktientypen sehr wirkungsvoll sein kann, wenn sie durch einen Fokus auf Qualität ergänzt wird, anstatt ständig zu versuchen, den richtigen Zeitpunkt für das Umschichten zwischen Wachstums- und Substanzaktien zu finden. Durch die Konzentration auf Qualitätsaktien – unabhängig von Stil oder Sektor – können Anleger die Aktien mit dem widerstandsfähigsten Renditepotenzial ermitteln, während die Welt auf dem Weg zurück zur Normalität weiterhin mit ungewöhnlichen wirtschaftlichen, politischen und geschäftlichen Hürden konfrontiert wird.

Chris Hogbin ist Head of Equities bei AllianceBernstein (AB).

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.

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