US-Value-Aktien erholten sich im September nach einer längeren Zeit der Underperformance deutlich. Zwar sind die Substanztitel Anfang Oktober wieder gesunken, dennoch beobachten wir vier Signale, die auf ein signifikantes Comeback des Value-Stils hindeuten könnten.

Seit 2017 haben sich die US-Growth-Aktien stets besser als Value-Titel entwickelt. Ultraniedrige Zinsen und die Angst vor einer schwachen wirtschaftlichen Dynamik haben Aktien mit attraktiven Bewertungen zu schaffen gemacht, da sie tendenziell empfindlicher auf den Konjunkturzyklus reagieren. Gleichzeitig hat die ständig wachsende Popularität von Tech-Titanen und Aktien aus dem Bereich Neue Medien die Fantasie von Anlegern geweckt, die in einer Welt niedrigen Wachstums nach positiven Ausreißern suchen.

Growth-Value-Abstand erscheint überzogen

Doch im September lag Veränderung in der Luft. Der Russell 1000 Value Index stieg um 3,6 % und übertraf damit den Russell 1000 Growth Index, der unverändert schloss (Abbildung). Anfang Oktober dreht sich der Wind wieder. Trotzdem suggerieren einige Trends, dass die lange Periode, in der Wachstumsaktien besser als Substanztitel performten, an ihrem Ende angelangt ist.

Der S&P 500 Index hat eine längere Periode hinter sich, in der Wachstumsaktien ihre Substanz-Konkurrenten übertroffen haben. Nach einigen Schätzungen entspricht der derzeitige extreme Abstand zwischen Growth und Value derjenigen vor 2000 und 2009. Beide Jahre erwiesen sich als Beginn mehrjähriger Perioden mit hohen Erträgen für Value-Aktien. Infolgedessen sehen auch die Sektorbewertungen verzerrt aus: Das Voraus-Kurs-Gewinn-Verhältnis der US-Technologiewerte liegt 9 % über dem Durchschnitt seit 1990, während Finanztitel mit einem Abschlag von 9 % auf ihren langfristigen Durchschnitt gehandelt werden.

Natürlich garantieren diese Trends nicht, dass Value-Aktien ein Comeback erleben werden. Einige wichtige Signale könnten jedoch dazu beitragen, festzustellen, ob sie für eine längerfristige Erholung bereit sind.

  • Stabilisierte oder verbesserte Konjunkturtrends: Seit mehreren Quartalen ist der Pessimismus über das Wirtschaftswachstum allgegenwärtig geworden. Im Jahr 2019 haben sich die Konsenserwartungen für Wirtschaftswachstum und Fed-Politik umgekehrt. Noch vor 12 Monaten lag die 10-jährige Treasury-Rendite bei 3,2 % und die Konsenserwartungen sahen weitere Zinserhöhungen der Fed und eine stärkere Schrumpfung der Bilanz. Zum Quartalsende lag der 10-jährige Treasury bei 1,67 %, während die US-Notenbank die Zinsen zweimal gesenkt hat. Der Handelskrieg mit China und die invertierte Zinskurve haben die Rezessionsängste verstärkt. Diese Bedenken sind verständlich, könnten aber überzogen sein. Sollten wir positive konjunkturelle Überraschungen sehen, könnte das dem derzeitigen Pessimismus entgegenwirken und zu einer besseren Performance für zyklisch sensible Aktien führen. Tatsächlich erreichte der Bloomberg Economic Surprise Index im September ein 11-Monatshoch (Abbildung).

  • Sinkende Nachfrage nach Staatsanleihen: Der Wachstums-Megatrend verlief parallel zu den sinkenden Zinsen. Ein wenig mehr Risikoaversion bei Anleihen könnte zu erheblich mehr Risikoappetit bei Aktien führen, was wiederum Value zugutekommen sollte angesichts des meist riskanteren Profils der Substanzwerte.
  • Störungen für die Störer: Die Welt erlebt eine historische Welle der Produktivitätssteigerung, weil neue Technologien traditionelle Unternehmen auf breiter Front stören. Die Verbraucher profitieren von einer Kombination aus niedrigeren Preisen, mehr Komfort und besserer Funktionalität in einer Reihe von Branchen, darunter Online-Shopping, Mitfahrgelegenheiten und Musik-Apps. Doch aus unternehmerischer Sicht ist der Weg zur Profitabilität nicht immer klar. Anzeichen dafür, dass die Störer Schwierigkeiten haben, Geld zu verdienen, könnten zu einem Stimmungsumschwung der Anleger führen. So löste beispielsweise der jüngste Tiefstpreis für Apples neuen Streaming-Service Panikverkäufe der Netflix-Aktie aus.
  • Schwache Börsengänge und Wagniskapital-Verluste: Die Anleger haben die jüngsten Flops von Börsengängen für hochkarätige Einhörner, private Unternehmen im Wert von mindestens 1 Milliarde US-Dollar, genau beobachtet. Nachdem die Aktienkurse von Uber und Lyft seit dem Börsengang eingebrochen waren, wurde der Börsengang von WeWork im September zurückgezogen. Das könnte Skepsis gegenüber Unternehmen mit fantastischen Wachstumsprognosen auslösen. Nach einer Zeit der Rekordfinanzierung von Wagniskapitalgesellschaften könnten potenzielle Verluste dazu führen, dass Anleger das Wachstum-um-jeden-Preis-Mantra überdenken und sich wieder auf Unternehmen fokussieren, die widerstandsfähige Geschäftsmodelle und Gewinne vorweisen können, die durch nachhaltige Cashflows gestützt werden. Wir glauben, dass die Verbesserung der Konjunkturdaten, gepaart mit einer erneuten Fokussierung auf sorgfältig recherchierte Investments in Unternehmen mit soliden Fundamentaldaten und niedrigen Bewertungen, dem Value-Segment neue Dynamik verleihen könnte.

Banken sind für Erholung bereit

Falls Value eine Renaissance erlebt, gehen wir davon aus, dass „billige“ Aktien auch bei leichten Abwärtsrevisionen an Wert gewinnen werden. Banken sind ein Beispiel dafür, da sie auch nach der bisherigen Outperformance im Jahr 2019 sehr niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnisse aufweisen (Abbildung). Insgesamt wachsen die US-Kreditinstitute auch in einem schwierigen Umfeld schneller als der S&P 500. Und unser Research legt nahe, dass ihre Kapitalrenditen (Dividenden plus Rückkäufe) die besten aller Branchen sind.

Für die Ausrufung eines anhaltenden Value-Comebacks ist es noch zu früh. Doch wir denken, dass nach der extremen Flucht aus den Substanzwerten der vergangenen Jahre Frühsignale eines Umschwungs sichtbar sind. Das führt uns zu der Annahme, dass ein Wandel hin zu attraktiv bewerteten Aktien im Gange sein könnte.

Kurt Feuerman ist Chief Investment Officer - Select US Equity Portfolios bei AllianceBernstein (AB)

Robert Milano ist Product Specialist - US Equity Portfolios bei AllianceBernstein (AB)

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.

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