Manche sagen, Private Credit sei noch nicht auf die Probe gestellt worden. Wir sind anderer Meinung – Stresserfahrung kann die Sinne schärfen.
Die letzten Jahre haben Anlegern viel abverlangt. Zuerst kam eine globale Pandemie, dann ein starker Anstieg der Inflation und Zinsen. Die umfassenden US-Zölle auf eine lange Liste von Gütern überraschten die Märkte im Frühjahr und hatten weitreichende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und das Anlageumfeld.
Da die Preise an den öffentlichen Märkten besser zu beobachten sind, haben sich diese Schocks in erheblichen Volatilitätsschüben bei Aktien und Anleihen – einschließlich Unternehmensanleihen – niedergeschlagen. Wie in der Presse vielfach diskutiert, schien die Volatilität an den privaten Märkten relativ gedämpft – doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Seit jedoch die Aktienindizes wieder auf neue Höchststände gestiegen sind, die Inflation zurückgeht und sich offenbar Stabilität einstellt, könnten einige zu dem Schluss kommen, dass wieder alles beim Alten ist.
Das Gegenteil ist der Fall. Wenn überhaupt, dann haben die letzten fünf Jahre gezeigt, dass Private Credit nicht immun gegen Marktzyklen ist. Aber Stressphasen bieten oft auch Lehren – und Chancen – für agile Anleger, die bereit sind, sich anzupassen.
Wenn wir über die jüngsten Ereignisse und darüber hinaus nachdenken, lassen sich fünf wichtige Erkenntnisse gewinnen:
1) Auf das Alpha kommt es an
Direkte Unternehmenskredite sind nichts Exotisches mehr. Heute sind sie ein fester Bestandteil vieler diversifizierter Anleiheportfolios. Zwar hat sich diese Anlageklasse über viele Jahre hinweg – vor allem dank der expansiven Geldpolitik – gut entwickelt, doch wäre es falsch anzunehmen, dass die steigende Flut weiterhin alle Boote anheben wird.
Ein typische Attribut des US-amerikanischen Marktes für Direktkredite an Unternehmen ist seine Fragmentierung: unterschiedliche Sektoren, Sponsoren, Größen, Strukturen und Lösungen, wobei Direktkreditgeber innerhalb und zwischen diesen Segmenten um Deals konkurrieren. Basierend auf einer aktuellen Analyse von S&P Global zu Daten über besicherte Mittelstandskredite ist der Anteil der Portfoliobestände, die Manager gemeinsam halten, nach wie vor äußerst gering. Einfach ausgedrückt: Nicht alle Direktkreditgeber sind gleich. Die Emissionskanäle, die Zeichnungsansätze, die Branchenpräferenzen und damit auch die Unternehmen in den Portfolios variieren erheblich.
Da in dieser Anlageklasse Zahlungsausfälle und andere Anzeichen von Stress auftreten, sind die Auswirkungen auf Unternehmen und Manager alles andere als einheitlich. Kurz gesagt: Beständige historische Erträge mögen die Wahrnehmung von Private Credit als beta-getriebenen Markt gefördert haben – mit Blick auf die Zukunft glauben wir jedoch, dass Alpha der entscheidende Differenzierungsfaktor sein wird.
2) Wiederkehrende Umsätze: Nicht alle sind gleich
Wir sind seit langem vom Wert der Kreditvergabe auf Basis wiederkehrender Einnahmen an Software-as-a-Service-Anbieter (SaaS) überzeugt, die wichtige Lösungen für die Unternehmensressourcenplanung anbieten. Allerdings sind nicht alle wiederkehrenden Einnahmen gleich, und die Qualität der Einnahmen erfordert besondere Aufmerksamkeit.
Als die Zinsen und Kapitalkosten in die Höhe schossen, begann der während der Pandemie einsetzende Anstieg der Technologieausgaben – als die Mitarbeiter vom Büro ins Homeoffice wechselten – nachzulassen. Die hohen Zinsen drückten auch die Unternehmenswerte von SaaS-Unternehmen, bremsten das Wachstum und setzten die Kunden unter Druck, von denen viele begannen, ihre Ausgaben für Softwarelizenzen zu reduzieren.
Viele Kreditgeber, die in der Niedrigzinsphase zu viel Fremdkapital aufgenommen haben, mussten diese Lektion auf schmerzhafte Weise lernen. Aus unserer Sicht ist diese Erfahrung ein klares Beispiel für einen wachstumsstarken Sektor, in dem Zeichnungs-Erfahrung und die Generierung von Alpha durch die Auswahl von Vermögenswerten wichtiger denn je sind. Kreditgeber müssen zunächst Unternehmen mit widerstandsfähigem Ertragspotenzial und einer nachgewiesenen Fähigkeit zur Bewältigung von Konjunkturzyklen identifizieren und dann die Kreditvolumina entsprechend kalibrieren.
3) Disruption schafft erneut Chancen
Eine aufschlussreiche Statistik: Private-Equity-Fonds schütteten im vergangenen Jahr nur 14 % ihres Nettoinventarwerts (NIW) an die Anleger aus, nach durchschnittlich 28 % pro Jahr von 2015 bis 2020 (Abbildung). Makroökonomische Gegenwinde – darunter steigende Zinsen und politische Unsicherheit – haben die Fusions- und Übernahmeaktivitäten und die Preisfindung gedämpft. Da Private Equity als Anlageklasse weiter reift und sowohl General Partner (GPs) als auch Limited Partner (LPs) nach Liquidität streben, hat die Finanzierung privater Fonds in einer Vielzahl von Strukturen zugenommen. Diese reichen von traditionellen Kapitalabrufvereinbarungen bis hin zu innovativeren Lösungen wie GP- und LP-geführten Sekundärtransaktionen und Fortführungsvehikeln.
Da die Banken weiterhin unter Druck stehen, haben alternative Kreditgeber dieses Wachstum vorangetrieben, und die Fondsfinanzierung hat in den Portfolios der Anleger einen steigenden Anteil eingenommen.