Die Fed wird Zinserhöhungen vorbereiten, aber mit Bedacht

10. Juni 2021
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Angesichts der sich beschleunigenden US-Konjunktur und des zunehmenden Preisdrucks fragen sich die Anleger, wann die US-Notenbank (Fed) damit beginnen wird, ihre aktuellen Quantitative-Easing-Anleihenkäufe – eine Säule der expansiven Geldpolitik seit der globalen Finanzkrise – zurückzufahren oder zu reduzieren. Wir glauben nicht, dass eine Rückführung unmittelbar bevorsteht: Sie wird wahrscheinlich nicht vor Ende des Jahres stattfinden. Das ist zwar ein paar Monate früher, als wir bisher dachten, aber es wird den Markt dennoch nicht schockieren.

Ein „Tapering“ wäre nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer letztendlichen Zinserhöhung, die wir je nach Konjunkturverlauf immer noch bis Ende 2022 oder sogar 2023 für unwahrscheinlich halten. Unserer Ansicht nach ist die Begründung für einen Beginn der Reduzierung der Anleihenkäufe gegen Jahresende einfach. Die realen Renditen – die Differenz zwischen Umlaufrenditen und der erwarteten Inflation – sind in den letzten Monaten gesunken, weil die Inflation stärker als die Anleihenrenditen stieg.

Niedrigere Realrenditen sorgen für geldpolitische Flexibilität

Da es für die Wirtschaft auf die Realrenditen ankommt, bedeutet ihr Rückgang seit Mitte März 2021 (Abbildung), dass die Geldpolitik noch lockerer geworden ist, während die Konjunktur anzieht. Wir glauben nicht, dass die Fed eine Straffung der Geldpolitik anstrebt, aber es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Zentralbank im jetzigen Stadium des COVID-19-Aufschwungs wahrscheinlich keine weitere Lockerung für notwendig hält.

A chart that shows changes in US inflation-adjusted bond yields since mid-2020

 

Im Wesentlichen verleihen niedrigere Realrenditen der Fed mehr Flexibilität, um die Anleihenkäufe zu reduzieren und die nominalen Anleihenrenditen in Richtung unserer Prognose von 2,0 % ansteigen zu lassen, ohne die monetären Bedingungen wesentlich zu verschärfen. Diese Formel sollte die Expansion in Schwung halten, selbst wenn die Wertpapierkaufprogramme nachlassen („Tapering“).

Wann wird das „Tapering“ beginnen?

Die Messlatte der Fed ist „substanzieller Fortschritt“ in Richtung Vollbeschäftigung und Preisstabilität. Angesichts von über acht Millionen weniger Erwerbstätigen in den USA als vor COVID-19 im Januar 2020 (Abbildung) bleibt diese Hürde bestehen. Die Fed hat deutlich gemacht, dass sie greifbare Beweise für eine Verbesserung braucht, nicht nur Prognosen. Daher denken wir, dass das „Tapering“ nicht vor dem vierten Quartal 2021 beginnen wird, bis dahin erwarten wir, dass der Arbeitsmarkt substanzielle Fortschritte gemacht hat.

A chart showing total US nonfarm payroll employment over the past decade

Lektionen aus dem „Taper Tantrum“ von 2013

In Anlegerkreisen herrscht eine gewisse Unruhe. Viele erinnern sich an das „Taper Tantrum“ von 2013, der die Anleihenrenditen in die Höhe schnellen ließ. Wir glauben nicht, dass das „Tapering“ selbst diese Explosion ausgelöst hat – es war die überraschende Wende in der Geldpolitik. Die Fed hat aus diesem Fehler gelernt: Dieses Mal wird sie die Weichen rechtzeitig stellen, um Überraschungen zu vermeiden. Die Renditen könnten allmählich steigen – wie wir erwarten –, aber wir erwarten keine Schockreaktion.

Das „Tapering“ wird nur der erste Schritt auf einem langen Weg zur Normalisierung der Geldpolitik sein. Die Fed wird wahrscheinlich das Tempo ihrer Wertpapierkäufe (derzeit 80 Milliarden US-Dollar in Treasuries pro Monat und 40 Milliarden US-Dollar in hypothekarisch gesicherten Wertpapieren pro Monat) allmählich verringern. Sie wird aber wahrscheinlich noch bis weit ins Jahr 2022 hinein Anleihen kaufen.

Nach dem vollständigen Ende der QEKäufe wird die Fed weiterhin Kupons und fällig werdende Anleihen reinvestieren. Und angesichts des Umfangs ihrer Bestände wird sie noch über Jahre hinweg ein bedeutender Akteur an den Anleihenmärkten sein. Nach dem Ende von QE erwarten wir, dass die Fed den Leitzins für einige Monate bei null halten wird, bevor sie schließlich mit Zinserhöhungen beginnen wird.

In diesem Dokument zum Ausdruck gebrachte Meinungen stellen keine Analysen, Anlageberatungen oder Handelsempfehlungen dar, spiegeln nicht unbedingt die Ansichten aller Portfoliomanagementteams bei AB wider und können von Zeit zu Zeit überarbeitet werden.