Die politischen Entscheidungsträger Chinas gehen mit den Herausforderungen im Immobiliensektor sorgfältig um, wie sie es auch während des letzten Lockerungszyklus getan haben. Aus verschiedenen Gründen wird die Erholung dieses Mal jedoch wahrscheinlich schwächer ausfallen, was Auswirkungen auf Chinas Wachstumsaussichten für den Rest des Jahres 2022 haben wird.
Eine Möglichkeit für Anleger, die Aussichten auf eine Rückkehr zur Stabilität auf dem chinesischen Immobilienmarkt einzuschätzen, besteht darin, die aktuellen Ereignisse mit dem vorherigen Erholungszyklus des Sektors in den Jahren 2014 bis 2016 zu vergleichen. Die Unterschiede sind viel deutlicher als die Gemeinsamkeiten.
Der offensichtlichste Unterschied ist der jüngste COVID-Ausbruch, der im April und Mai Angebot und Nachfrage weiter gedämpft hat. Eine weitere Komplikation sind die Bauverzögerungen, die einige Käufer neuer Häuser dazu veranlasst haben, damit zu drohen, ihre Hypothekenzahlungen zurückzuhalten, bis die Arbeiten wieder aufgenommen werden.
Der größte Unterschied liegt jedoch im politischen Umfeld. In früheren Konjunkturzyklen betrachtete die Regierung den Wohnungssektor als ein konjunkturelles Instrument: Indem sie Maßnahmen zur Ankurbelung oder Abkühlung des Wohnungssektors ergriff, konnte sie auch die Gesamtwirtschaft ankurbeln oder abkühlen. Die Zeiten haben sich geändert.
Immobiliensektor bleibt trotz zahlreicher Maßnahmen in der Krise
Die politischen Entscheidungsträger scheinen heute noch aktiver zu sein als in den Jahren 2014 bis 2016. Mehrere Monate nach dem jüngsten Tiefpunkt bei den Immobilienverkäufen waren die politischen Aktivitäten intensiver als im vergleichbaren Zeitraum des vorherigen Zyklus. Aber warum ist der Aufschwung bei den Hausverkäufen dann nicht kräftiger ausgefallen, wenn die Politik dieses Mal deutlich mehr getan hat?
Lokale Faktoren spielen eine größere Rolle
Ein Grund dafür könnte die Beteiligung der lokalen Behörden an der Wohnungspolitik sein. Während die People’s Bank of China (PBOC) die Leitzinsen und die Untergrenze für Hypothekenzinsen festlegt, können die lokalen Behörden die Beschränkungen für Verkäufe und Käufe variieren und die Anzahlungsquoten festlegen.
So wäre die lokale Wohnungsbaupolitik theoretisch insgesamt effektiver, wenn die Gebiete mit dem stärksten Abwärtsdruck auf die Immobilienpreise entsprechend lockerere Vorgaben hätten. In der Praxis scheint das jedoch nicht der Fall zu sein. Tatsächlich scheint es derzeit eine Diskrepanz zwischen der lokalen Wohnungspolitik und dem Abwärtsdruck auf die Hauspreise zu geben.
Politikunabhängige Variablen sind wichtig
Die Wohnungsbaupolitik ist nicht der einzige Faktor, der die Aktivität in diesem Sektor bestimmt. Zu den weiteren Faktoren gehören die Hauspreiserwartungen, die Einkommenserwartungen und die Verfügbarkeit von Hypothekenkrediten.
Als die Zinsen 2014 bis 2016 zurückgingen, nahmen die Hypothekarkredite deutlich zu, was auf ein reichliches Angebot an Hypotheken schließen lässt. Heute sind die Hypothekarkredite zurückgegangen. Ein Grund dafür ist die schwache Nachfrage, ein anderer könnte das knappe Angebot sein (Abbildung).